Samstag, 18. April 2009

Frühling

An die Jünglinge

(von Friedrich Hebbel)

Trinkt des Weines dunkle Kraft,
Die euch durch die Seele fließt
Und zu heil'ger Rechenschaft
Sie im Innersten erschließt!
Blickt hinab nun in den Grund,
Dem das Leben still entsteigt,
Forscht mit Ernst, ob es gesund
Jedem Höchsten sich verzweigt.

Geht an einen schaur'gen Ort,
Denkt an aller Ehren Strauß,
Sprecht dann laut das Schöpfungswort,
Sprecht das Wort: es werde! aus.
Ja, es werde! spricht auch Gott,
Und sein Segen senkt sich still,
Denn, den macht er nicht zum Spott,
Der sich selbst vollenden will.

Betet dann, doch betet nur
Zu euch selbst, und ihr beschwört
Aus der eigenen Natur
Einen Geist, der euch erhört.
Leben heißt, tief einsam sein;
In die spröde Knospe drängt
Sich kein Tropfe Taus hinein,
Eh' sie inn're Glut zersprengt.

Gott dem Herrn ist's ein Triumph,
Wenn ihr nicht vor ihm vergeht,
Wenn ihr, statt im Staube dumpf
Hinzuknieen, herrlich steht,
Wenn ihr stolz, dem Baume gleich,
Euch nicht unter Blüten bückt,
Wenn die Last des Segens euch
Erst hinab zur Erde drückt.

Fort den Wein! Wer noch nicht flammt,
Ist nicht seines Kusses wert,
Und wer selbst vom Feuer stammt,
Steht schon lange glutverklärt.
Euch geziemt nur Eine Lust,
Nur ein Gang durch Sturm und Nacht,
Der aus eurer dunklen Brust
Einen Sternenhimmel macht.

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