Samstag, 23. März 2024

"Praga Caput Regni"

"Prag, Hauptstadt des Reiches"

Auch schon die Könige und Kaiser des Früh- und Hochmittelalters wollten die Macht und Herrlichkeit ihrer Reiche durch Architektur zum Ausdruck bringen. Etwa in Domen wie dem Kaiserdom zu Speyer. Oder in Kaiserpfalzen (Wiki). Von diesen Bemühungen haben sich nur Bruchstücke bis in die heutige Zeit erhalten. Zu viele städtebaulichen Veränderungen gestalteten in den nachfolgenden Jahrhunderten das Gesamtbild um, den Gesamtcharakter. 

Abb. 1: Prag - Hradschin und Karlsbrücke bei Nacht (Wiki) - Fotografiert von Jorge Royan 2008

Ganz anders in Prag: Kaiserlicher Wille zu Macht und Herrlichkeit, ausgesprochen in der Sprache der Architektur in der städtebaulichen Einheitlichkeit des 14. Jahrhunderts hat sich hier bis heute erhalten. Im herrlichen Prag. Seit etwa 1750 waren Hauptorte weltlicher Macht etwa Berlin oder Wien (Wiki). Nur sie könnten sich von der Größe der städtebaulichen Gestaltung mit Prag messen. Aber jene historische Tiefendimension, die Prag aufweist, kann man in Berlin oder Wien nicht erleben. Das Stadtbild von Wien oder Berlin ist heute nicht mehr ausgesprochenermaßen durch die Architektursprache des Spätmittelalters geprägt, durch die Architektursprache des 14. Jahrhunderts. Wie so ganz anders Prag.

Wie so nah einem in Prag das deutsche Spätmittelalter des 14. Jahrhunderts rückt. Wie so modern es dort anmutet. Noch nie zuvor hatte man diesem Jahrhundert überhaupt eine besondere Aufmerksamkeit zugewandt. Es gibt ja so viele andere Jahrhunderte, die für die politische und kulturelle Geschichte Deutschlands einschneidend, bedeutend waren. Aber Prag, das Überdauern seiner Architektursprache ist so etwas wie der Ausdruck einer "Ruhezeit", einer "Schonzeit" innerhalb der deutschen Geschichte, vielleicht ein wenig im Abseits der großen weltgeschichtlichen Auseinandersetzungen, etwa mit dem Papst in Rom oder mit dem Jesuitenorden.

Abb. 2: Die Parler und der Schöne Stil - Kunst in Prag 1350 bis 1400

Aber auch das ist nicht ganz richtig: Der Jesuitenorden hat in Prag im Zuge der furchtbaren Rekatholisierung Böhmens am Beginn des Dreißigjährigen Krieges (durch berittene "Seligmacher") im Kirchenbau in Prag eine barocke Pracht entfaltet, die ebenfalls ihresgleichen sucht andernorts. Böhmen ist mit den Hussitenkriegen der deutschen Reformation weit voraus geeilt - und versank dann als eines der ersten kernprotestantischen Länder in der Dumpfheit des römischen Katholizismus.

Immerhin tastete dieser die spätmittelalterliche Überlieferung nicht an, sondern pflegte sie. Deshalb ist Prag heute insbesondere Inbild alter deutscher Kaiserherrlichkeit. Von der Einheitlichkeit und Größe der Architektursprache her mehr als etwa Nürnberg, mehr als der "Römer" und der Kaiserdom in Frankfurt am Main, mehr als die Kaiserpfalz von Aachen oder welche Vergleiche man immer heranziehen möchte.

Ab etwa 1340 wurde Prag zur Hauptstadt des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation. Wem hat Prag diesen Aufstieg zu verdanken? Dem Kaiser Karl IV. (1316-1378) (Wiki) (Abb. 3). Wer kennt diesen eigentlich schon außerhalb von Prag und Böhmen?

Abb. 3: Kaiser Karl IV. - Der Erbauer des heutigen Prag - Porträt von Peter Parler (hdbg)

Immerhin, auch in der Brandenburger Geschichte hat Kaiser Karl IV. eine Rolle gespielt (5). 1371 hat er von Böhmen aus die Mark Brandenburg erobert und gekauft. Er hat dann eine Landaufnahme durchführen lassen (Wikia), die bis heute als wertvolle historische Quelle dient. Tangermünde an der Elbe hat er zur Zweitresidenz ausgebaut. Deshalb ist Tangermünde so schön und anrührend. Es liegt ebenso herrlich am Ufer der Elbe wie Prag an der Ufer der Moldau liegt. 

Aber gehen wir noch mal zwanzig Jahre zurück: 1349 ist Karl IV. zunächst einmal zum alleinigen und rechtmäßigen Kaiser des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation gewählt worden. In Frankfurt am Main. In Aachen ist er gekrönt worden. Den Sitten der Zeit gemäß hatte ihn diese Wahl sehr viel Geld gekostet. Aus dem wirtschaftlichen Reichtum seiner böhmischen Länder heraus konnte er sich diese Wahl finanzieren. 

1341 schon war er faktischer König von Böhmen geworden, da sich sein Vater Johann wegen Erblindung aus der Regierung zurück gezogen hatte. Im 14. Jahrhundert war die wirtschaftliche Entwicklung in Europa so weit gediehen, daß - sozusagen - "Großstädte" entstehen konnten und daß diese ihren Rang auch über die Jahrhunderte hinweg als solche bewahren konnten. Deshalb steht sie heute noch vor uns: Die spätmittelalterliche Kaiserherrlichkeit Prags.

Abb. 4: Der Dombaumeister Peter Parler (1330-1399) im Selbstporträt - Der große Stadtbild-Gestalter Prags (Fotograf: Franz Höch, 1940) (aus 1) 

Blickt man in das Antlitz des großen Stadtbild-Gestalters Prags, des Dombaumeisters und Bildhauers Peter Parler (1330-1399) (Wiki(Abb. 4), blickt man zugleich auf das von ihm geschaffene Porträt seines Auftraggebers, des Kaisers Karl IV. (Abb. 3), dann möchte man meinen, daß er, der Peter Parler, der Mächtigere von beiden war, der Kraftvollere, der Energischere. Der, dem eigentlich die Schönheit Prags zu verdanken ist - viel weniger seinem Auftraggeber, der ihm nur die Mittel dafür bereit stellen mußte. Auf jeden Fall ergänzten sich beide. Mit dem Regierungsantritt Karls IV. begann die Glanzzeit Prags und damit das Wirken des Dombaumeisters Peter Parler (Wiki):

Nachdem Karl 1344 für die Erhebung des Prager Bistums zum Erzbistum gesorgt hatte, leitete er den Baubeginn des gotischen St. Veitsdoms (katedrála sv. Víta, Václava a Vojtěcha) ein. (...) Die umfangreiche Bautätigkeit in seiner Residenz machte Prag zur Goldenen Stadt. Davon zeugt vor allem die Karlsbrücke über die Moldau. 1348 gründete Karl die erste Universität im östlichen Mitteleuropa, die Karls-Universität (Univerzita Karlova), nach dem Vorbild der durch Kaiser Friedrich II. errichteten Universität von Neapel und dem des Studium generale an der Pariser „universitas“. Prag wurde von ihm zu einem der wichtigsten geistigen und kulturellen Zentren seiner Zeit ausgebaut und zur De-facto-Haupt- und Residenzstadt des Heiligen Römischen Reiches (Praga Caput Regni: Prag Hauptstadt des Reiches lautet eine Inschrift am Altstädter Rathaus). (...) Die von Johannes von Neumarkt geführte kaiserliche Kanzlei war vorbildlich für die Ausbildung der neuhochdeutschen Sprache. Die Prager Malerschule führte die spätgotische Tafelmalerei zu höchster Blüte.

Karl IV. holte den Bildhauer und Dombaumeister, der in Gmünd in Schwaben geboren worden war, von Köln nach Prag. Dieser nun vollendete den Veitsdom, erbaute die Karlsbrücke samt ihrer eindrucksvollen Brückentürme auf beiden Seiten der Moldau. Und damit prägte er das Stadtbild Prags mehr als alle anderen. Er schuf auch sowohl ein Selbstporträt wie auch Porträts des Kaiser Karl IV. und seiner engsten Familienangehörigen (Abb. 5). Welch herrliche Kunstwerke. Welch glanzvolle Zeit.

Die Karlsbrücke war ein technisches Meisterwerk ihrer Zeit. Sie war zuvor nicht für möglich gehalten worden. Die Bildsprache Peter Parlers ist nüchtern, ist sachlich, ist ein "schöner Stil". Aber sie ergreift, sie packt.

Abb. 5: Wenzel IV., Sohn Kaiser Karls IV. - Porträt von Peter Parler  (hdbg)

Prag, Böhmen und Mähren - sie waren zwischen 1212 und 1918, also den größten Teil ihrer Geschichte Teil des "Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation", sowie ab 1806 Teil des Kaiserreiches Österreich. Selten irgendwo sonst in Deutschland oder Österreich ist die Prachtentfaltung und der Reichtum europäischer Kultur in der Architektursprache so dicht und so stark zum Ausdruck gekommen und erhalten geblieben wie in Prag. Prag erweitert das Herz. Prag erweitert die Geschichtskenntnis, das Geschichtsbewußtsein, das Bewußtsein von der Größe europäischer Kultur und Vergangenheit.

Welche europäische Hauptstadt früherer oder heutiger Zeiten könnten sich allein von der landschaftlichen Lage her mit Prag messen? Oh, die herrliche Moldau. Mit welch elegantem Schwung sie die Stadt umfließt, wie lieblich sich um sie die Hügel schließen, wie wunderschön sie die Altstadt vom Burgberg trennt, vom schönen, schönen Hradschin! Welch wunderschöne Blicke von den Anhöhen hinunter auf die Moldau und weit, weit in die weite Ferne. Und welch wundervoller, prachtvoller Anblick, unten, vom Ufer hinauf auf den Hradschin. Bilder, die in die Seele gehen. 

Wen mag es da wundern, daß diese Kernregion Böhmens, in die schon so viele vorgeschichtliche Völker und Kulturen hinein geströmt sind (Stgen2021), früh zum Regierungssitz der böhmischen Herzöge und Könige und schließlich der deutschen Kaiser auserwählt wurde? 

Nur schade, schade!, schade!, daß diese so anrührende, berühmte, herrliche Stadt heute so überaus stark von Touristen aller Länder förmlich überrannt, überlaufen wird. Ab 10 Uhr morgens kannst du dich nicht mehr sinnvoll auf der Karlsbrücke zwischen Altstadt und Hradschin fortbewegen, kommst du auch nur zäh innerhalb der Menschenmassen in der Altstadt weiter. Oh, du Besucher, stehe früh auf! 

Abb. 6: Prag im Jahr 1720 - Altstadt, Neustadt, Kleinseite und Hradschin (ets)

Du solltest dir auch die Grundriß-Einteilung des historischen Prag klar machen: Prag war eingeteilt in Altstadt, Neustadt, Kleinseite und Hradschin (Abb. 6)

Rilke

Schließlich interessiert uns - unter anderem - noch, was einen von uns so hochgeschätzten Dichter wie Rainer Maria Rilke mit seiner Heimatstadt Prag verbunden hat. Er ist 1875 in der Heinrichsgasse 17 geboren worden (GB). 1924 ist sein Geburtshaus durch einen Neubau ersetzt worden. Aber was will das schon besagen: Hier ist Rilke geboren worden! Gegenüber befindet sich heute das "Museum der Sinne". Das ist eine Region innerhalb der Stadt im Grenzbereich von mittelalterlicher Alt- und Neustadt, wohl schon in der Neustadt gelegen. 

Gleich um die Ecke wurde 1898 die Jerusalem-Synagoge (Wiki) erbaut, weil das jüdische Viertel andernorts, das man als "Slum" empfand, abgerissen worden war und weil daselbst ein vornehmer neuer Stadtteil entstand. In die andere Richtung liegt der Roßmarkt aus dem 14. Jahrhundert, der 1848 in Wenzelsplatz umbenannt worden ist (Wiki). Nach Nordwesten zu liegt das Ständetheater, eines der ältesten Theater Europas. Man kann nicht aufhören. Wohin man blickt, Bedeutendes, Großartiges.

Rilke nun hat in dem Gedichtband "Larenopfer - Prag in Gedichten" seiner Heimatstadt frühe Dichtungen gewidmet (Gutenb, Gedichte). Sie stammen nicht aus seiner Reifezeit und sind von Rilke in seinen späteren Jahren - wohl mit manchem Recht - nicht als nachhaltig gehaltvoll anerkannt worden, als auf Augenhöhe stehend mit seinen späteren Dichtungen. Um so mehr fragt man nach reifer Dichtung oder Malerei (Wiki), die sich diesem außergewöhnlichen Phänomen "Prag" angenähert haben und ihm angemessen begegnet sind.

(Unsere Ausführungen zu "Rilke und Prag" wollen wir künftig noch ergänzen.) 

Hingewiesen sei hier nur noch darauf, daß Deutsche in der Geschichte Böhmens und Mährens auf allen Gebieten eine wichtige Rolle spielten, so auch auf dem Gebiet der Geschichte von Naturwissenschaft und Technik (Wiki):

Im Jahr 1460 wurde in Eger der berühmte Mathematiker Johannes Widmann geboren, der Plus- und Minuszeichen einführte. Er arbeitete die meiste Zeit seines Lebens in Leipzig. 
Die Ära Rudolfs II. war auch eine Ära der wissenschaftlichen Blüte. An seinem Hof ​​in Prag arbeiteten die Astronomen Tycho Brahe und Johannes Kepler. Darüber hinaus wirkte zu dieser Zeit in Prag der prominente jüdische Mathematiker David Gans. Der Arzt Ján Jesenský führte die erste öffentliche Autopsie in Prag durch.
Der aus Kronland stammende Jan Marek Marci und der Botaniker Georg Joseph Kamel gehörten zu den Spitzengelehrten der heimischen Barockwissenschaft. Der Priester Prokop Diviš erfand den Blitzableiter. Alois Senefelder, der 1796 die Lithographie erfand, wurde zu dieser Zeit ebenfalls - eher zufällig - in Prag geboren. (...)
Auch im Bereich der Naturwissenschaften verließen viele talentierte Einheimische ihre Heimat. Der Mathematiker Kurt Gödel, die Biologen Gerty und Carl Cori (Nobelpreisträger für Physiologie und Medizin), der Astronom Johann Palisa, der Physiker Georg Placzek, der Chemiker Johann Josef Loschmidt, der Pionier auf dem Gebiet der Bodenmechanik Karl von Terzaghi, die Mathematikerin Olga Taussky-Todd, der Botaniker Heinrich Wilhelm Schott, die Astronomen Theodor von Oppolzer und Joseph Johann von Littrow, der Begründer der Dermatologie Ferdinand von Hebra, der Chemiker Hans Tropsch. In Wegstädtl in Nordböhmen wurde Franz Reichelt geboren, ein Pionier des Fallschirmspringens, der beim Testen eines selbst gefertigten Rettungsanzugs beim Sprung vom Eiffelturm starb. Auch der tschechische Arzt Karel Rokytanský ging nach Wien. Von den deutschsprachigen Wissenschaftlern in den böhmischen Ländern blieben dagegen der weltbekannte Biologe Gregor Mendel, der Begründer der Genetik, und der Physiker Ernst Mach. Auch der Physiker Albert Einstein arbeitete für kurze Zeit in Prag an der deutschen Universität. (...)
Ein weiterer Autodesigner, Ferdinand Porsche, wurde ebenfalls in der Tschechischen Republik geboren, machte sich jedoch vor allem in Deutschland einen Namen (...). Unter den Deutschen, die nach dem Zweiten Weltkrieg vertrieben wurden, war auch der Physik-Nobelpreisträger von 2007, Peter Grünberg.

Soweit nur ein kurzer Ausschnitt, um hier in einem ersten Schritt auf den Umfang und die Vielfalt des kulturellen Beitrages der Deutschen in Böhmen und Mähren aufmerksam zu machen. 

Die Entdeckung der flüssigen Kristalle - Prag, 1888

Während unseres allzu flüchtigen Rundgangs durch Prag kamen wir an diesem Haus mitten in der Altstadt in einer schmalen Gasse vorbei (s. Abb. 7).

Abb. 7: "Prof. Friedrich Reinitzer (1857-1927) hat in diesem Gebäude der Deutschen Universität in Prag im Jahre 1888 den ersten flüssigen Kristall erfunden"

Auf einer dort angebrachten Bronzetafel lasen wir:

Prof. Friedrich Reinitzer (1857-1927) hat in diesem Gebäude der Deutschen Universität in Prag im Jahre 1888 den ersten flüssigen Kristall erfunden.

Reinitzer war in Prag als Sohn eines Weinbauern geboren worden. Ab 1895 war er dann an der Universität Graz tätig. Über seine Entdeckung mag hier deshalb ein längeres Zitat Platz finden, weil der flüssige Kristall von Seiten naturwissenschaftsnaher Philosophie im Jahr 1923 als wichtige evolutionäre Übergangsstufe zum Leben auch tiefere philosophische Deutung gefunden hat (Fester Kristall - Flüssiger Kristall - Biozelle). Lesen wir also (Wiki):

Die bedeutendste Leistung Reinitzers war die Entdeckung der flüssigkristallinen Phase. 1888 experimentierte Reinitzer mit Ester-Derivaten des Cholesterins. Das Cholesterin gewann er durch Extraktion aus Karotten. Mit den Derivaten erhoffte er sich, Informationen über die Struktur des Cholesterins zu bekommen. Zuvor konnten bereits einige Wissenschaftler eine deutliche Farbänderung beim Schmelzen verschiedener Cholesterin-Derivate beobachten. Eine der von Reinitzer synthetisierten Verbindungen war das Cholesterylbenzoat, der Benzoesäureester des Cholesterins, dessen molare Masse er eigentlich bestimmen wollte. Auch am Cholesterylbenzoat konnte Reinitzer eine Farberscheinung im Bereich des Schmelzpunktes feststellen. Neu war jedoch, daß diese Substanz zwar bei 145 °C ihren Schmelzpunkt hat, aber die Schmelze eine relativ viskose und vor allem trübe Flüssigkeit darstellte. Durch weiteres Erhitzen wurde bei 178,5 °C aus der trüben Flüssigkeit eine klare. Der Vorgang war beim Abkühlen reversibel und reproduzierbar. Auch weitere Aufreinigungsprozesse änderten nichts am Verhalten der Substanz. Solche vermeintlichen Schmelzintervalle sind üblicherweise bei verunreinigten Verbindungen zu beobachten; Reinsubstanzen haben dagegen einen „scharfen“ Schmelzpunkt.
Reinitzer wußte dieses Phänomen nicht weiter zu deuten und zog den Prager Kristallografen Viktor Leopold Zepharovic zu Rate. Auch der fand keine Erklärung für dieses Phänomen und empfahl Reinitzer, daß sich dieser an Otto Lehmann in Aachen wenden solle. Am 14. März 1888 schrieb Reinitzer an Lehmann, der damals Privatdozent an der Kgl. Technischen Hochschule Aachen war. Es folgte darauf ein Briefwechsel und der Austausch von Proben – Cholesterylbenzoat und Cholesterylacetat. Lehmann stellte bei der Untersuchung der sogenannten Reinitzerschen Präparate fest, daß sie ebenso wie das von ihm untersuchte Silberiodid zwischen der flüssigen und festen Phase eine dritte Phase aufweisen. Diese Phase zeigt beispielsweise eine sonst nur bei Feststoffen zu beobachtende Doppelbrechung.
Der Briefwechsel zwischen Lehmann und Reinitzer endete am 24. April 1888, und viele Fragen blieben unbeantwortet. Reinitzer präsentierte am 3. Mai 1888 bei einer Tagung der Chemischen Gesellschaft zu Wien die Ergebnisse unter Nennung der Beiträge von Lehmann und von Zepharovic. Reinitzer entdeckte an den Cholesterinestern drei wichtige Charakteristika für cholesterische Flüssigkristalle:
  • Das Vorhandensein von zwei „Schmelzpunkten“ (Schmelzpunkt und Klärpunkt)
  • Die Reflexion von zirkular polarisiertem Licht
  • Die Fähigkeit, die Richtung polarisierten Lichtes zu drehen
Auch wenn das Jahr 1888 als Geburtsstunde der Flüssigkristallforschung gilt, blieben die „fließenden Kristalle“ - der Ausdruck wurde später von Otto Lehmann geprägt - nahezu 80 Jahre lang ein Phänomen ohne größere praktische Anwendung. Erst zu Beginn der 1970er Jahre konnte mit den elektrooptischen Anzeigen auf Basis von Flüssigkristallen (LCDs) eine erste Anwendung in Armbanduhren, Taschenrechner und ähnlichem gefunden werden. Bis zur breiten Anwendung in flachen Fernsehern sollten weitere 35 Jahre vergehen.

Auch hier wird noch einmal deutlich, welchen wichtigen Ort Prag in der Wissenschaftsgeschichte einnimmt.

In was für engen Gassen die Prager damals lebten, Kinder bekamen, forschten und dichteten! 

Dieser Beitrag wird bei Gelegenheit künftig noch manche Ergänzung erhalten. Er ist nur ein Einstieg in mehrere wunderbare Themen. Prag - auch eine Hauptstadt in der Welt des Geistes und der Kultur!

___________

*) Lesen wir noch, was dem historisch Interessierten über Prag zu wissen wichtig sein mag (Wiki):

Prag ist die historische Hauptstadt Böhmens und war eine bedeutende königliche und kaiserliche Residenzstadt im Heiligen Römischen Reich, besonders unter den Přemysliden, Luxemburgern und Habsburgern. Um 1230 wurde die seit der Frühgeschichte bewohnte Siedlung zu einer königlichen Stadt erhoben und im 14. Jahrhundert unter der Regentschaft Karls IV. zu einem politisch-kulturellen Zentrum in Europa. Mit der Karls-Universität wurde in Prag 1348 die erste Universität in Mitteleuropa gegründet. Auch das Konservatorium und die Technische Universität gehören zu den ältesten ihrer Art in Europa. Über Jahrhunderte hinweg war Prag eine Stadt, in der sich tschechische, deutsche und jüdische Kultur begegneten.
Das historische Zentrum Prags ist seit 1992 von der UNESCO als eine der 16 Welterbestätten Tschechiens anerkannt. Die „Goldene Stadt“ zeigt heute ein geschlossenes, von Gotik und Barock geprägtes Stadtbild. Sehenswürdigkeiten wie die Prager Burg, die Karlsbrücke, die mittelalterliche Rathausuhr, der jüdische Friedhof oder die älteste aktive Synagoge der Welt machen die Stadt zu einem beliebten touristischen Ziel. Mit knapp neun Millionen Touristen im Jahr zählt Prag zu den 25 meistbesuchten Städten der Welt.

(Wiki):

In der Sizilischen Goldenen Bulle von 1212 sprach Kaiser Friedrich II. dem böhmischen Herrscher Ottokar I. Přemysl die Erblichkeit des Königstitels zu. Fortan war das Königreich Böhmen in das Heilige Römische Reich eingegliedert, jedoch mit weitreichender Autonomie. Die böhmischen Herrscher gehörten zu den sieben Kurfürsten. Als Mitglied dieses Kollegiums besaß der böhmische König oft eine große politische Bedeutung innerhalb des Reiches.

Und weiter erfahren wir:

1310 heiratete Johann von Luxemburg, Sohn Kaiser Heinrichs VII., die böhmische Prinzessin Elisabeth, Tochter von Wenzel II., und wurde böhmischer König bis 1346. Nach seinem Tod in der Schlacht von Crécy folgte ihm 1347 sein Sohn Karl IV. als König von Böhmen nach. 1348 gründete Karl IV. die Karls-Universität Prag als erste Universität nördlich der Alpen. 1355 wurde Karl IV. in Rom zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches gekrönt. Er wählte Prag zu seiner Residenzstadt. Im Jahr 1356 erließ Karl IV. eine Goldene Bulle, das wichtigste der „Grundgesetze“ des Heiligen Römischen Reiches bis zum Ende des Alten Reiches 1806. In der Goldenen Bulle Karls IV. wurden u. a. die Modalitäten der Wahl der römisch-deutschen Könige durch die Kurfürsten und ihrer Krönung geregelt. Im Jahr 1378 teilte Karl IV. in seinem Testament seine Erblande unter seinen Söhnen auf. Das Kerngebiet Königreich Böhmen erhielt sein Sohn Wenzel IV., der auch deutscher König wurde. Diesem folgte 1420 Sigismund als böhmischer König nach.

___________

  1. Josef Pfitzner: Das tausendjährige Prag. Mit 79 Bildern von Franz Höch. Gauverlag Bayerische Ostmar 1940 (GB) (128 Seiten, davon 46 Seiten Text)
  2. Friedrich Heiss (Hrsg.): Das Böhmen und Mähren-Buch. Volkskampf und Reichsraum. Volk und Reich Verlag, Prag 1943 (GB
  3. Binder, Hartmut: Mit Rilke durch das alte Prag. Ein historischer Spaziergang. Mit zeitgenössischen Fotografien zu Rilkes 'Larenopfer'. Insel Verlag, 1994
  4. Die Parler und der Schöne Stil 1350-1400. Europäische Kunst unter den Luxemburgern. Resultatband zur Ausstellung des Schnütgen-Museums in der Kunsthalle Köln 1980, hrsg. von Anton Legner.
  5. Karl IV. - Ein Kaiser in Brandenburg. Hrsg. von Jan Friedrich Richter, Peter Knüvener und Kurt Winkler für das Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte Verlag für Berlin-Brandenburg 2016 (208 S.)

Sonntag, 25. Februar 2024

Er hatte es begriffen ....

Dieses ganze Gebäude von Lug und Trug wird irgendwann in sich zusammen stürzen

Und dann werden die Menschen endlich wieder frei und selbstbestimmt leben können. 

"Ihr" und "wir".

"Ihr Geimpften" und "wir Ungeimpften".

Nur wer der Volk spaltet, kann das Volk retten.

See in Schweden

"Wir" sind nicht diejenigen, die das Volk spalten. Das seid "ihr".

Scholz ist zwar auch der Kanzler der Ungeimpften. Aber die Ungeimpften wollen dieses ganze System nicht mehr und damit auch nicht mehr einen solchen Kanzler.

Scholz muß weg.

Alles muß weg.

Tabula rasa.

Hier und heute.

Die Entscheidung ist da.

Versklavt an ein System oder frei?

Sie wähnten sich als Ungeimpfte im Aufstand. Aber sie erzeugten - aus der Sicht der Mehrheit - nur weitere 100.000 vermeidbare Tote, von denen es auch sonst schon genügende gab (etwa unter den Rauchern).

Aber sie wähnten sich im Aufstand.

Und waren bereit, für diesen Aufstand ALLES zu opfern.

Sie lebten nur noch im Gedanken des Aufstandes.

Wer sie belog und ihnen vorgaukelte, durch *Genbehandlung* könnten 100.000 Tote vermieden werden, der mußte schlecht sein.

Damit war der Abgrund, die tiefste Tiefe des Bösen erreicht.

Rudolf Steiner hatte alles schon vorausgesagt. Nun war die Zeit gekommen. Alles war wahr geworden. Alles offenbarte sich.

Sie lebten fern - in einer Welt, unerreichbar für alle.

Sie hatten sich entschieden.

Für das Leben.

Gegen den Tod.

Der ihnen aus den Augen der Geimpften entgegenblinzelte. 

Kommt auf "unsere" Seite. Macht euch frei von diesem System. 

Hört auf, ihren Schalmeien zu folgen.

Es sind Todesschalmeien. 

Ihr werdet alle sterben.

/ Verfaßt: 13.12.2021, 
hier erstmals veröffentlicht unter der Rubrik: "Rückblick"  /

Freitag, 23. Februar 2024

... Im Rijksmuseum, in Amsterdam ...

Nausikaa trifft auf den gestrandeten Odysseus

Abb. 1: Das Mitleid - Nausikaa trifft auf den gestrandeten Odysseus - gemalt von Jacob Jordaens zwischen 1630 und 1640 (Wiki, Rijksmuseum, Amsterdam)  

Im Rijksmuseum in Amsterdam. Da hängt es, ein Gemälde von Jacob Jordaens, betitelt "Nausikaa findet den gestrandeten Odysseus" (Abb. 1). Als Titel würde auch reichen: "Das Mitleid".

Dieses Gemälde entstand in der Zeit der mittleren Phase des Dreißigjährigen Krieges in Deutschland. Es geht so viel gelassene Stimmung, Erhabenheit von ihm aus. 

Das Mitleid in den Augen der Nausikaa, Jacob Jordaens hat es, wie wir finden, hervorragend getroffen. Vorstudien zeigen übrigens, daß er daran lange herum probiert hat. Im Zeitalter des Simplicius Simplicissmus war es auch - womöglich - ganz neu einzuüben, ... das Mitleid.

... Wir schlenderten ein wenig umehr ... im Rijksmuseum in Amsterdam ...

Schlendern wir ein wenig weiter in diesem Rijksmuseum in Amsterdam. ....

In einem anderen Flügeltrakt finden wir ruhend einen niederländischen Seehelden. 

Abb. 2: Grabmal für Maarten Tromp (1598-1653) (Wiki), gestaltet von dem Bildhauer Rombout Verhulst, 1654 (Modell/Entwurf) - Reichsmuseum Amsterdam (eigene Fotografie)

Ergreifend, schon von weitem. Wir treten heran. Aus der fotografierten Perspektive ist es voll Leben. Nicht in jeder Perspektive und Beleuchtung tritt das Ergreifende dieses Kunstwerkes tatsächlich hervor. Wir stellen deshalb hier eine eigene, wenn auch zu unscharfe Fotografie ein.*) 

Hier ruht aus, von Ringen, Kämpfen und Schlachten der niederländische Seeheld Maarten Tromp (1598-1653). Große Seesiege hat er errungen über die freiheitbedrohende Flotte Spaniens. Und zum Schluß war er in einer Schlacht gefallen. Er war kein Despot, kein Tyrann - im Gegenteil (Wiki):

Maarten Tromp war bei den Seeleuten so beliebt, daß er von ihnen den Beinamen „Bestevaêr“ = Großvater erhielt. Dieses mittelniederländische Wort gilt noch heute als Ehrentitel für einen alten, besonders bewährten Kapitän oder Admiral.

Wünschten wir uns nicht alle, "Bestevaêr" zu sein und den Tod zu erleiden im ehrlichen Streiten für Leben und Freiheit des Vaterlandes? Und der Liebe der eigenen Landsleute gewiß zu sein so wie Maarten Tromp? 

So also läßt sich sterben ...

.... Und wir schlendern weiter im Rijksmuseum ....

Abb. 3: Gerard van Honthorst (1592-1656) - "Satyr und Nymphe", 1623 - Reichsmuseum Amsterdam (eigene Aufnahme)

Ein anderer Saal, eine andere Stimmung (Abb. 3): Unbeschwertheit, Seligkeit und Beseligung ...

Gerard van Honthorst hat es geschaffen, das Gemälde "Satyr und Nymphe". Mit Recht ist es in der Mitte eines großen Saales platziert und aufgehängt, ein Blickfang ohne gleichen. Zumal in dem großes Format, in dem als Original zu sehen ist. Warum auch gering denken von der Liebe?

Das pure Leben - im Rijksmusum in Amsterdam.

Wir schlendern weiter  ...

... und finden ... ein entzückendes Mädchen aus den Niederlanden ....

Abb. 4: Meerjungfrau, gemalt von Jeronimus Becx (1649-1658) - Reichsmuseum Amsterdam 

Ein Mädchen, nicht zu idealisiert. Aus dem Leben gegriffen .... Offizieller Titel: "Meerjungfrau" (Abb. 4) (Rijksmuseum), egal. Ein Mädchen.

Und so schlendern wir weiter durch die Säle, die vielen Stockwerke, die Gebäudetrakte im Rijksmuseum in Amsterdam. Draußen radeln die Fahrräder vorbei unter dem tristen, grauen Februar-Himmel .... Und überall neue Bilder, neue Epochen, neue Herzensmenschen. 

Wer denn zum Beispiel ist dieser hier? 

Abb. 5: Ein Saufbruder - Geschaffen von Jan Pieter van Baurscheit (1669-1728), etwa 1700 - Reichsmuseum Amsterdam

Wenn das nicht so recht ein Kerl ist, geschaffen nach Gottes Herzen! Solche kümmern sich nicht um Tod und Teufel. Sie wissen zu arbeiten und sie wissen zu feiern.

Wer hat ihn geschaffen?

Der niederländische Bildhauer Jan Pieter van Baurscheid der Ältere (1669-1728) (Wiki). 

Vom deutschen Niederrhein stammte er, er war ein Deutscher. Sein Vater war Bürgermeister, er selbst lernte anfangs Tischler. Jan Pieter ging dann schon als junger Mann nach Antwerpen, um die Bildhauerei zu lernen. Seine beiden Saufbrüder (s. Abb. 5) (Rijksmuseum) zeigen der Welt immerdar: Humor, Draufgängertum, Derbheit haben nicht ausgedient in der Welt. Auf der Beherztheit seiner Bürger ist die Freiheit jeden Vaterlandes gegründet.

Und warum sehen wir sie heute so selten, die Beherztheit?

Frage nicht, schlendere weiter .... im Rijksmuseum in Amsterdam. 

Oh, Goldenes Zeitalter der Niederlande (Wiki), komm wieder!

Und dann war ja noch gar nicht die Rede vom Meister Rembrandt. Und von einer gewissen Nachtwache, die da hingeworfen worden war, unbekümmert um Mitwelt und Nachwelt .... Du Reisender in Amsterdam - hast du sie denn gar nicht gesehen ...? Dann schwing dich auf's Rad und radle hin - zum Rijksmuseum nach Amsterdam.

Ergänzung 25.2.24: Nein, beim nochmaligen Lesen merken wir. Es geht nicht ohne sie, auch in diesem Beitrag geht es nicht ohne sie. 

Abb. 6: Die Nachtwache - von Rembrandt 

Sie gehört zum Rijksmuseum wie der Stuhl zum Tisch. Stelle dir das Gemälde meterhoch vor, Leser. Es ist groß (Wiki). Es war so groß, daß es beschnitten werden mußte als es erstmals aufgehängt wurde. Heute ist man um Rekonstruktionen der ursprünglichen Dimensionen bemüht (Abb. 6). 

Mit Recht. Denn wer durfte es wagen, einen "Rembrandt" zu beschneiden?! Einen Rembrandt.

Nein, dem Rembrandt war kein Farbtopf dafür zu schade. Der Rembrandt hat diese Komposition hingeworfen - sagen wir wie im Universum sich eine Galaxie in die Weite der Räume hinein wirft: regellos und doch - - - mit so viel Gespür für große und viele geheime Freuden ...

Seht her, das sind sie, die Weggefährten der Freiheit. Auf ihrem Gang in die Nacht. Zum Schutze ihrer Stadt, zum Schutz und Trutze der Welt, die sie leben, deren Verkörperung sie sind.

Immer wieder kehrst du vor das Bild zurück. Im Rijksmuseum in Amsterdam.

___________

*) Andere verfügbare Fotografien haben - sonderbarerweise genug - die Perspektive und den Lichteinfall so gewählt, daß der ergreifende Eindruck nicht eingefangen ist (AlamyRijksmuseum).

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