Freitag, 23. August 2013

MAOA 2R-Gen und Gewalttätigkeit in islamischen Ländern

Der Anthropologe Andreas Vonderach auf "Sezession.de"

Im aktuellen Heft der Zeitschrift "Sezession" (August 2013) hat der von uns wissenschaftlich sehr geschätzte Anthropologe Andreas Vonderach einen Beitrag über Kevin MacDonald veröffentlicht unter dem Titel "Jüdische Gruppenstrategie". In einer Inhaltsangabe heißt es:
Andreas Vonderach untersucht abwägend die jüngst übersetzten Bücher des US-Psychologen Kevin MacDonald, dessen Lebenswerk dem Judentum gewidmet ist.
Leider ist der Artikel offenbar nicht im Internet zugänglich. Auch wird berichtet:
Ellen Kositza (...) schloß das Lektorat am neuen Buch von Andreas Vonderach ab, das die Völkerpsychologie zum Thema haben wird.
Abb.: "Bestraft Vergewaltiger, nicht Protestierende"
Man darf gespannt sein! Einen ersten Vorgeschmack erhält man vielleicht schon in Äußerungen von Andreas Vonderach (1), die er aus Anlaß jener abstoßenden Vergewaltigung in Indien getätigt hat, die vor einigen Monaten auch hier auf dem Blog angesprochen worden war (Wenn Politiker vergewaltigen):
Ich fürchte, das ist nicht nur eine Sache der Kultur. 

Die meisten außereuropäischen Rassen sind impulsiver und aggressiver als wir. Das 2er-Allel des Monoaminoxidase A-Gens (MAOA 2R), eine Variante des sogenannten „Krieger-Gens“, das mit Impulsivität und Aggressivität korreliert ist, und das bei wegen schweren Straftaten verurteilten Gefängnisinsassen fast dreimal so häufig ist wie in der Normalbevölkerung, kommt bei weißen Europäern zu 0,1 bis 0,5 %, bei Ostasiaten nach bisherigen Untersuchungen gar nicht, bei Schwarzafrikanern zu 5,0 bis 5,5 % und bei Arabern zu 15,6 % vor. 

Da das Gen auf dem X-Chromosom liegt, von dem Frauen zwei haben, betrifft die Korrelation mit Impulsivität und Gewalttätigkeit fast nur Männer. Dazu paßt, daß in diesen Kulturen nach ethnologischen Berichten und der allgemeinen Homizidrate (Häufigkeit von Mord und Totschlag) Gewalt viel verbreiteter ist als bei uns.
Das sind in der Tat spannende Ausführungen. Auf die Frage:
Daß das verminderte Vorkommen des „Krieger-Gens“ bei innereuropäischen und innerasiatischen Rassen eine Folge der Kultur ist (und nicht deren Ursache) halten Sie für ausgeschlossen ?
schreibt Vonderach:
Nein, das halte ich sogar für wahrscheinlich. Wir und die Ostasiaten haben uns unsere aggressiven Impulse in der Zivilisation weitgehend weggezüchtet, während die Araber als ausgesprochene Kriegergesellschaft sich die, verstärkt durch die Polygamie, wahrscheinlich regelrecht angezüchtet haben.

Ich kenne keine MAOA-2R-Daten für die Inder. Aber allgemein gelten die Südinder als eher friedlich, während die Nordinder schon etwas zu den Iranern und Arabern tendieren.
In diesen Ausführungen wird einmal erneut auf jene Gen-Kultur-Koevolution hingewiesen, die in den letzten Jahren immer stärker in das Blickfeld der Humangenetik gerät. Auch schreibt Vonderach:
Die Impulsivität, Aggressivität und starke sexuelle Ansprechbarkeit der Araber entspricht nicht nur der allgemeinen Erfahrung, sondern ist auch seit der Antike und dem Mittelalter immer wieder bezeugt. Die extremen Sanktionen in der islamischen Rechtsprechung scheinen hier ein notwendiges Korrektiv zu sein. Ebenso wie die Wegsperrung und Verschleierung der Frauen, die es in Nordafrika und dem Nahen und Mittleren Osten schon in der Antike gab, lange vor dem Islam.

Den ethischen Unterschieden in der Aggressivität und der sexuellen Ansprechbarkeit entsprechen übrigens auch der Testosteronspiegel, bzw. der anderer Androgene (männliche Geschlechtshormone). Der ist bei den Ostasiaten am niedrigsten, bei uns etwas höher, und bei Arabern und Schwarzen am höchsten. Die ethnischen Unterschiede bestehen übrigens in erster Linie bei jungen Männern und verschwinden im Alter weitgehend.
Und:
Kulturen unterscheiden sich auch in den Werten, die in ihnen gelten. Verwegwaltigung als Tatbestand ist eine europäische Erfindung. In anderen Kulturen gibt es höchstens den Tatsbestand der „Schändung“, aber dabei geht es um die (Familien-)Ehre und die Jungfräulichkeit, nicht um das Wohlergehen der Frau.

In vielen Kulturen gilt es nicht als Schande, wenn ein Mann sich eine Frau „nimmt“, wenn er die Gelegenheit dazu hat. Deswegen werden ja im Islam die Frauen so weggeschlossen, weil man es dort für geradezu normal hält, daß es zu Sexualkontakten kommt, wenn ein Mann und eine Frau allein und unbeobachtet sind. 

Vergewaltigung in der Ehe war im Islam geradezu die Norm. Im Irak war es üblich, daß der Mann zu Beginn der Hochzeitsnacht vor den Augen seiner Braut eine Katze schlachtete, um sie gefügig zu machen. Die Frau sollte beim ehelichen Beischlaf ausdrücklich keine sexuelle Befriedigung erlangen, denn sonst würde sie die auch bei anderen Männern suchen, meinte man. 

Und die Zwangsheiraten von Minderjährigen in Indien sind ja wohl auch nicht allzuweit von Vergewaltigungen entfernt.
Nun, diese Aussagen von Vonderach wären sicherlich noch nach vielerlei Richtungen hin zu differenzieren. Es wäre natürlich insbesondere hervorzuheben, daß die islmaische Hochkultur reiche Zeugnisse beseelter Liebesgemeinschaften zwischen Frau und Mann kennt. (Vielleicht wäre auch für differenziertere Aussagen zurückzugreifen auf Sigrid Hunkes "Allahs Sonne über dem Abendland".) 

Niedrigerer IQ = geringere Empathiefähigkeit?

Was man noch keinesfalls unbesehen hinnehmen möchte, ist folgende Aussage von Andreas Vonderach:
Die Grausamkeit in vielen außereuropäischen Kulturen hängt übrigens auch mit dem – praktisch überall außer in Ostasien – niedrigeren IQ zusammen. Mit dem ist eine geringere Fähigkeit, von sich selbst zu abstrahieren und die Position des anderen einzunehmen, verbunden. Dies bedingt nach Auffassung der kulturvergleichenden Piaget-Forschung (Georg W. Oesterdiekhoff u.a.) eine geringere Empathiefähigkeit. Eine Folge ist die große Grausamkeit im Strafrecht oder gegen Gefangene oder auch gegenüber Tieren. Das gilt tendenziell auch für unsere Unterschichten.
Ob hier Oesterdiekhoff zu folgen ist, dessen Forschungen doch bei weitem nicht so breit anerkannt (oder auch nur bekannt sind) wie sonstige IQ-Forscher, muß doch noch arg in Frage gestellt werden. Man liest so etwas sonst in der Literatur auch vergleichsweise selten. Daraus müßten sich ja auch große Schwierigkeiten ergeben in der sozialen Kommunikation zwischen Menschen mit höherem und niedrigerem IQ. Darf das so allgemein unterstellt werden? Wo doch Forscher wie der auch von Vonderach so geschätzte Eibl-Eibesfeldt von mangelnder Empathiefähigkeit von Jäger-Sammler-Völkern nun wirklich nichts zu berichten wußten!? 

Gegenüber einem üblichen Einwand betont Vonderach noch einmal - es dauert in derartigen Diskussionen heute noch lange, bis es alle verstanden haben:
Ich habe nicht gesagt, daß a l l e s Genetik ist, und ja auch selbst einige Beispiele für kulturelle Faktoren angeführt. Und natürlich erklärt auch ein einziges Gen wie das MAOA-2R-Gen nicht a l l e s.

Aber ganz sicher ist auch nicht a l l e s Kultur. Es besteht eine Wechselbeziehung zwischen Kultur und Biologie. In traditionellen Kulturen (quasi allen außer unserer seit dem 19. Jhdt.) ist sozialer, ökonomischer und politischer Erfolg mit größerem Fortpflanzungserfolg verbunden. Dadurch züchtete sich jede Kultur auf die Werte hin, die in ihr anerkannt waren und die den sozialen Erfiolg ermöglichten. Bäuerliche Kulturen züchteten sich so auf Fleiß, Voraussicht und Verläßlichkeit, kriegerische auf Maskulinität und Aggressivität. 

Die Araber sind auch körperlich maskuliner als wir, haben einen maskulineren Körperbau, stärkeren Bartwuchs usw. und eben auch mehr Androgene, die Ostasiaten dagen einen weniger maskulinen Körperbau, weniger Androgene usw. Das sind natürlich nur grobe Tendenzen, die in jedem Volk ihre besondere Ausprägung finden.

Die Wikinger und alten Germanen waren sicher aggressiver als wir, weil sie auf einer entsprechenden historischen kulturellen Entwicklungsstufe standen, mit entsprechenden Werten. Aber wir sind auch nicht mehr genetisch mit ihnen identisch. Zwischen den alten Germanen und uns liegen außerdem 2 000 Jahre bäuerliche und städtische Kultur. Übrigens besteht auch heute noch eine positive Korrelation zwischen hellblonder Haarfarbe und Risikobereitschaft.
Das dürfte man alles als wesentliche Ausführungen erachten. Und auf einen weiteren Einwand:
Die Korrelationen des MAOA-2R-Gens sind eine Tatsache, genauso wie die von mir angeführten Populationsunterschiede. Die kann man nicht einfach so als „angeblich“ vom Tisch wischen. Der Begriff „Krieger-Gen“ ist natürlich eine Journalistenerfindung gewesen. Es geht um spontane, impulsive Aggressivität und geringe affektive Selbstkontrolle.

Das ist eine Eigenschaft, die nach allem, was wir wissen, wir Deutschen sehr wenig aufweisen. Das zeigt zum Beispiel die Tatsache, daß die spontanen Gewaltverbrechen in Deutschland und den anderen germanischen Ländern seit Beginn der Kriminalstatistik wesentlich seltener sind als in Ost- oder Südeuropa, von Außereuropa ganz zu schweigen. Meiner Meinung nach zeigt das auch das Verhalten der deutschen Soldaten im Zweiten Weltkrieg, wo spontane Übergriffe auf Zivilisten viel seltener waren als bei unseren Kriegsgegnern. Man denke nur an die Exzesse der Russen oder Tschechen, und selbst die Franzosen hatten da mehr auf dem Kerbholz als wir.
Das ist übrigens eine Frage, die hier auf dem Blog nach und nach noch genauer zu klären ist, inbesondere anhand der neueren Veröffentlichungen des Historikers Neitzel. Leider hat Neitzel noch nicht den Versuch gemacht, sein reichhaltiges, geheimdienstliches Quellenmaterial diesbezüglich statistisch auszuwerten, was erst eine wirklich fundierte Auswertung wäre. Vonderach aber ganz richtig weiter:
Soldatische Leistungen beruhen natürlich auf ganz anderen Eigenschaften.

Die amerikanischen Nationalcharakter-Studien im II. WK waren rein spekulativer, großteils psychoanalytischer Natur und keine wissenschaftlich seriösen Untersuchungen.

Die von Richard Lynn vorgebrachten Daten sind selbstverständlich empirische und belastbare Daten, selbst wenn er irgendwann einmal den IQ eines Landes aufgrund von anderen, ethnisch verwandten Nachbarländern geschätzt haben sollte. Das ist, wenn man den Landes-IQ wissen will und es keine Daten gibt, absolut legitim. Er hat darauf natürlich keine weiteren Schlußfolgerungen aufgebaut. Deswegen seine Ergebnisse, die wie gesagt auf belastbaren Daten beruhen, in Bausch und Bogen zu verwerfen, geht natürlich nicht an. Selbst wenn man Lynn beiseite ließe, gäbe es immer noch genug Daten, um die von ihm beschriebenen Rassenunterschiede zu belegen. 

Sie machen es sich entschieden zu einfach, und, ehrlich gesagt, erinnert mich ihre „Argumentationsweise“ an die von linken „Antirassisten“, die mit ähnlichen Unterstellungen und Verkürzungen arbeiten.
Interessant - wieder einmal: Danach wurde die Diskussion recht schnell geschlossen. Was einmal erneut zeigt: Daß alle Leser und Diskutanten eine einwandfreie Klärung der Zusammenhänge zwischen Genetik, Verhalten und den Unterschieden zwischen den Völkern bezüglich dieser Dinge wirklich verstehen, ist gar nicht das Anliegen von "Sezession". Man ist Teil der christ-katholischen Lobby in Deutschland und fühlt sich da geistigen Zusammenhängen verpflichtet, die selten deutlich genug nach außen zum Vorschein kommen. Die aber immer wieder klar erkennbar sind. Auch in diesem Diskussionsabbruch. Man läßt auch einen Andreas Vonderach immer nur so lange reden, so lange es nicht ins Grundsätzliche geht und so lange aus der Forschung nicht gar zu deutliche Schlußfolgerungen gezogen werden in Richtung auf das Weltbild überhaupt.

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  1. Vonderach, Andreas: Kommentare zu dem Artikel von Heino Bosselmann "Frauen in der Fremde" auf: Sezession.de, 19. März 2013

8 Kommentare:

F. hat gesagt…

Der Artikel, sowie die dazugehörige, lebhafte Diskussion sind mir völlig entgangen und ich stoße erst jetzt durch Ihren Blog darauf, Herr Bading.

So sehr ich die Arbeiten von A. Vonderach auf dem Gebiet der Anthropologie auch zu schätzen weiß, bei der Korrelierung erhöhten Vorkommens bestimmter Gene mit Verhaltensausprägungen, deren Ursächlichkeit von komplexer Natur geprägt ist und die sowohl von kultureller, als auch genetischer Seite aus determiniert sein dürfte, begibt man sich auf sehr dünnes Eis. Das Problem wird in diesem Fall die vermutlich schwere, eindeutige Verifizierbarkeit solcher Hypothesen darstellen. Ich erinnere mich dunkel an eine Stelle in Knußmanns Lehrbuch zur Anthropologie und Humangenetik, worin, wenn ich mich recht entsinne, ebenfalls eine Korrelation heller Augenfarbe mit höherer geistiger Leistungsfähigkeit herzustellen versucht wurde.

Wie sehr wir eigentlich noch unseren Vorfahren vor der Sesshaftwerdung aus der Zeit der Jäger und Sammler ähneln, hat beispielsweise I. Eibl-Eibesfeldt an mehreren Stellen deutlich klar gemacht. Insofern kann man jetzt durchaus in Frage stellen, warum ehemals als sehr kriegerisch geltende Gruppen Europas nach nicht einmal zwei Jahrtausenden die Eigenschaften dazu nicht mehr aufweisen. Ich bin wahrlich kein Freund und Verfechter milieutheoretischer Ansätze, allerdings scheint es mir hier doch angebracht eine Art Zähmung der männlichen Aggressionstriebe durch gesellschaftliche Strukturfaktoren als wahrscheinlich anzunehmen. Wo Veränderungen im genetischen Material erst über längere Zeit erkennbar werden, reichen für Anpassungen auf der Sozialisationsebene "bestenfalls" wenige Jahrzehnte.

Warum die Diskussion zu einem höchst interessanten Zeitpunkt geschlossen wurde, erscheint unverständlich und unbegründet.

Ingo Bading hat gesagt…

Ich glaube, niemand ist sich des dünnen Eises mehr bewußt, als Andreas. Fast das meiste, was wir zu all diesen Dingen derzeit sagen können, sind nur kleine erste Hinweise. Die sich allerdings, wie Andreas, wie ich finde, gut aufzeigt, immer wieder einmal ganz gut in ein Gesamtbild einordnen. Natürlich ist nicht ausgeschlossen, daß sich künftig das Bild noch deutlich verschärfen und präzisieren wird.

Die Korrelation zwischen Augenfarbe und geistiger Leistungsfähigkeit wurde, wenn ich mich recht erinnere, von Professor em. Wolfram Bernhard in Mainz erforscht, als er noch sehr jung war. Für diese Studie hat er sein ganzes Forscherleben über gelitten, da ihm das von politisch interessierter Seite niemand "durchgehen" lassen wollte, später. Insbesondere aus Studentenkreisen. (Andreas und ich haben bei Bernhard studiert und uns in seinem Seminar kennengelernt.)

Diese Forschungen sind jedenfalls nie weit gediehen. Und heute sind wir ja vielfach längst viel weiter. Da die Ostasiaten durchsnittlich einen höheren IQ als wir in Europa haben, wir die von Bernhard erforschte Korrelation, wenn dann nur für Europa gültig sein und nicht auf die gesamte Welt verallgemeinerbar sein.

In den tausend Jahren Christentum hat SICHER sehr viel Selektion stattgefunden auf mehr Friedfertigkeit. Ich kann mir z.B. gut vorstellen, daß etwa die in den isländischen Sagas gut dokumentierten "Berserker" in zivilisierten, christlichen Zeiten nicht mehr so viele Nachkommen hatten, als zuvor (zumindest außerhalb Rußlands).

Andreas wird sicherlich andernorts noch genauer herausarbeiten, daß der Männlichkeitstypus des Europäers - mit oder ohne zivilisierende, zähmende Umwelt und/oder genetische Selektion ein zum Teil ganz anderer ist, als der Männlichkeitstypus in Mittelmeerländern.

Auch jede Form von Einsatzfreude, die früher Menschen zu Schwertern hat greifen lassen, kann - meines Erachtens - vergeistig werden. Und muß dies ja auch. Und wird es ja auch. Die heutige Wissenschafts-BERICHTERSTATTUNG gibt ja gar kein getreues Abbild von dem, was TATSÄCHLICH alles an wesentlichsten Dingen in der Wissenschaft erforscht wird. Aber Andreas kann ja da auf einem BREITEN Fundus aufbauen. Und der ist - nur als Beispiel - geschaffen worden von vielen, vielen, vielen engagierten, einsatzfreudigen Wissenschaftlern.

Ingo Bading hat gesagt…

Der Evolutionäre Psychologe Steven Pinker hat das übrigens in den letzten Jahren sehr gut erforscht, den langfristigen Trend zum Rückgang der Gewalt und des Sterbens eines gewaltsamen Todes in der Menschheitsgeschichte.

Bei Jäger-Sammler-Völkern ist es nicht ungewöhnlich, wenn durchschnittlich 60 Prozent der männlichen Bevölkerung eines gewaltsamen Todes stirbt. Das übertrifft die Todesrate selbst der New Yorker Bronx um ein Vielfaches. Und auch die Todesrate der europäischen Bevölkerungen etwa während des Zweiten Weltkrieges. (Ob der jüngste Tschetschenienkrieg unter dieser Höchstmarke noch drunter bleibt, weiß ich allerdings nicht zu sagen.)

Und Pinker geht in einem seiner neuesten Bücher - wie ich finde sehr gelungen - der Frage nach, welche Bedeutung dieser langfristige Trend in der Humanevolution und in der Weltgeschichte hat, worauf er beruht und wohin er zielt.

Es ist das ein starkes Argument gegen die vielen "Strategien der Spannung", gegen die vielen heißen und kalten Kriege und multikulturellen Bürgerkriege, die heute noch von Lobbymächten inszeniert werden, um ihre "Bevölkerungen" besser im Griff zu behalten.

Denn auch sie müssen sich - mit Pinker - früher oder später sagen, daß es auch für sie untunlich werden könnte, gegen diesen großen Trend in der Weltgeschichte noch "anstinken" zu wollen.

SIE sind doch die EIGENTLICZHEN archaisch-aggressiven Bevölkerungsschichten in der modernen Welt. Nicht irgendwelche jugendlichen Araber ...

F. hat gesagt…

Erneut danke ich Ihnen für die aufschlußreichen Worte, Herr Bading.

Ich werde mir den Knußmann ohnehin noch einmal aus der Bibliothek ausleihen, dann kann ich die Sache dort nachlesen, es kann sein, dass es sich dabei um die Gedanken Bernhards handelt.

Für die Werke Vonderachs ein schwierigeres Unterfangen, denn zumindest die Universitätsbibiliothek in Gießen führt keine der von ihm verfassten Publikationen, zumindest nicht für die öffentliche Ausleihe. Das vom IfS herausgegebene Buch Vonderachs über Sozialbiologie habe ich mir vor einigen Wochen erst zugelegt und nach dessen Lektüre auch eine Rezension auf Amazon.de verfasst. Insgesamt bietet es reichhaltiges Wissen auf wenige Seiten komprimiert.

Der Werdegang und Verfall physisch orientierter anthropologischer Forschung an deutschen Universitäten ist ja leider ein trauriges Faktum. Während man im Süden anscheinend noch etwas länger daran festhalten konnte, hat man im Norden durch die Gründung der "AG gegen Rassenkunde" ja einen ungleich schwierigeren Stand.

Mit Pinker bin ich bis jetzt nicht in Berührung gekommen, kann also dazu nichts sagen, werde ihn aber im Hinterkopf behalten und gegebenenfalls lesen.

Ingo Bading hat gesagt…

Wow, danke für den Hinweis auf die Amazon-Rezensionen von "Sozialbiologie"! Schon 7 5-Sterne-Rezensionen, eine von Volkmar Weiß. So macht die Sache Spaß. Die lese ich mir gleich mal durch!!!

Schreiben Sie doch Andreas Vonderach einfach an. Er stellt Ihnen sicherlich gerne an Materialien zu Verfügung, was er kann. Es gibt schon viele Bibliotheken, die Bücher von Vonderach führen, wie ich mich grade hier erkundigt habe:

http://www.ubka.uni-karlsruhe.de/kvk.html

Seine "Anthropologie Europas" ist zum Beispiel eine knappe Stunde (?) Bahnfahrt von Ihnen erhältlich an der Uni-Bibliothek Frankfurt (außerdem Darmstadt und Mainz).

In Marburg ist seine Doktorarbeit vorhanden (auf Englisch - wohl Kurzfassung, aber sicherlich auch zunächst ausreichend). In Fulda "Die deutschen Regionalcharaktere".

Wenn Sie übrigens an der Uni Gießen unterwegs sind (so wie ich 1997), kann ich nur raten, nicht zu versäumen, ab und zu bei Veranstaltungen von Eckart Voland vorbeizuschauen, der einzige Lehrstuhlinhaber für Humansoziobiologie im ganzen deutschsprachigen Raum (zumindest wenn heute noch gültig ist, was vor allerhand Jahren gültig war).

Wenn Sie sich konkreter für den "Werdegang und Verfall physisch orientierter anthropologischer Forschung an deutschen Universitäten" interessieren, schreiben Sie mich doch bitte persönlich an. Ich habe darüber - vor allem über Andreas - viel gelernt. Er selbst ist ja vielleicht eines der jüngsten Opfer dieser Entwicklung.

Ich bin aber andererseits der Meinung, daß es derart viel positives in der Entwicklung der Evolutionären Anthropologie in den letzten zehn oder zwanzig Jahren gegeben hat, daß der "Verfall" der traditionellen anthropologischen Forschung völlig unerheblich geworden ist, bzw. - in der Sache - letztlich völlig ins Gegenteil verkehrt worden ist. Nur ist das eben heute die Humangenetik, die sogar viele traditionelle Erkenntnisse der Physischen Anthropologie entweder verifizieren oder falsifizieren kann. Mit ihr wissen wir alles viel genauer, als es je die Physische Anthropologie wissen konnte. Viele Physische Anthropologen haben sich ja deshalb auch schon bald etwa in die Ancient-DNA-forschung eingearbeitet. Was eine hervorragende Entwicklung ist, deren Beiträge habe ich auf meinem parallelen Wissenschaftsblog oft behandelt (übrigens gerade auch in Mainz geschieht das!) und von daher ist noch viel zu erwarten.

Begründer der ganzen Sache ist ja der Finne Svaante Pääbo, heute am MPG für Evolutionäre Anthropologie in Leipzig.

Pinker schreibt dicke Wälzer. Habe noch keinen einzigen von ihm gelesen. Seine Thesen über den Rückgang der Gewalt sind viel auch im Internet erörtert worden. Ich schätze Pinkers (kurze) Beiträge, etwa auf der nicht schlechten Seite von edge.org .

Und während ich grade das noch mal recherchiere

http://www.edge.org/memberbio/steven_pinker

stoße ich auf einen seiner neuesten Beiträge, den ich noch gar nicht kannte:

"THE FALSE ALLURE OF GROUP SELECTION"

Der dürfte wichtig sein, wie fast alles, was er auf dieser Seite schon geschrieben hat!!

So macht diskutieren Spaß. Das sind mir die liebsten Blogkommentatoren!! :-)

Sollten Sie im Berliner Raum unterwegs sein, können wir uns treffen und ich drücke Ihnen alles in die Hand, was ich an Veröffentlichungen von Andreas da habe. (Muß ich aber dann auch wieder zurückkriegen, denn ich habe nix doppelt ... :-) )

F. hat gesagt…

Guten Morgen Herr Bading,

Die Rezensionen und auch die Kommentarbeiträge von A. Vonderach selbst sind durchaus lesenswert. Herr Weiß scheint überdies hinaus ein sehr aktiver Autor auf Amazon zu sein.

Leider verfüge ich über keine Kontaktdaten von A. Vonderach, weswegen ich ihn bisher nicht anschreiben konnte.

Ich selbst habe in Marburg studiert und dort war es auch, wo ich mir mithilfe des doch als solide zu bezeichnenden, vorhandenen Literaturfundusses anthropologisches Wissen autodidaktisch angeeignet habe. Die Anthropologie in Gießen wurde ja auch schon vor längerer Zeit eingestampft und ich habe bereits gesehen, dass Sie hier studiert haben.

Da ich mittlerweile nicht mehr über ein Semesterticket verfüge, kommt eigentlich nur eine Ausleihe über das Fernleihsystem der Universitätsbibliothek in Frage. Jedoch muss ich auch anmerken, dass ich lieber mit den eigenen Büchern arbeite und durchaus nicht abgeneigt bin, gute Arbeit auch mit einem Kauf zu honorieren, auch wenn das nicht für alle Bücher und auf einmal möglich ist. Neben der Anthropologie Europas erscheint mir die Studie zu den deutschen Regionalcharakteren ebenfalls als lohnenswert. Können Sie mir sagen, welches Thema A. Vonderach im Rahmen seiner Doktorarbeit behandelt hat?

Die wichtigsten Werke sind mir, so denke ich bekannt. Auch alle in Marburg befindlichen Ausgaben des HOMO - Journal of Comparative Human Biology habe ich durchgeblättert. Darüber hinaus wurde ja auch sehr viel in biologischen, archäologischen, sowie ehtnologischen Fachzeitschriften publiziert. Vieles davon ist schon der Vergessenheit anheim gefallen, verstaubt in den Bibliotheken und ist sicher nicht immer von aktueller Relevanz, doch es zu lesen macht trotzdem immer noch eine gewisse Freude.

Dass Vonderach keinen leichten Stand hat, ist nur allzu verständlich, hält man sich die Art und Weise vor Augen, wie und vor allem von welchen Leute Gegenargumente, häufig handelt es sich ja nur um Diffamation, ins Feld geführt werden. Häufig wird dabei ein Mangel an wissenschaftlicher Sachlichkeit vorgeworfen, merkt dabei aber nicht, wie man selbst auf unsachlicher Ebene argumentiert. Bei Verweis darauf driftet man eben schnell in den Bereich persönlicher Beleidigungen ab oder bedient sich der allgemein bekannten Totschlagargumente.

In Mainz ist man bekanntlicherweise sehr aktiv auf dem Gebiet der Paläoanthropologie geworden, die ja, wo ich Ihnen uneingeschränkt zustimme, immer neue, interessante und bahnbrechende Erkenntnisse ans Tageslicht befördert. Im Gegenzug aber auch immer für neue Rätsel sorgt. Die genaue Einordnung des Fragen aufwerfenden Denisova-Menschen, woran der auch von Ihnen zitierte Svante Pääbo beteiligt ist, steht ja noch aus. Selbst in viel jüngeren Zeithorizonten herrscht ja rege Uneinigkeit über Verwandtschaftsbeziehungen aufeinander folgender Kulturerscheinungen. Neuere Untersuchungen bestätigen ja, dass das bisher analysierte und ausgerwertete Material bandkeramischer Populationen sich deutlich von unserem unterscheidet und man geringen Einfluss schlussfolgert (W. Haak et al 2005). Mir kam als Grund dafür als erstes auch Gendrift als Erklärung in den Sinn, was aber im Science Artikel zu dem Sachverhalt durch mathematische Berechnung ausgeschlossen wird. Insgesamt ein hochinteressantes Forschungsgebiet, was uns noch etliche Male in Erstaunen versetzen wird.

Falls ich irgendwann einmal in Berlin sein werde, was noch aussteht, denn dort war ich bisher noch nie, werde ich mich vorher melden.

Ingo Bading hat gesagt…

In seiner Doktorarbeit hat A. Vonderach anthropologische Daten aufgearbeitet, die in den 1960er Jahren in einer großen landesweiten Studie an Schulkindern in Rheinland-Pfalz erhoben worden waren. Glaube federführend von Schwidetzky. Es war von dieser Untersuchungsreihe alle anderen Daten schon aufgearbeitet, NUR nicht die von den damaligen Flüchtlingskindern.

Und die hat Andreas aufgearbeitet. Und dazu mußte er natürlich die Merkmalsverteilung kartieren. Und dafür hat er natürlich immer Ostdeutschland östlich der Oder in den Grenzen von 1937 aufzeichnen müssen.

Schon das stach einigen Gutachtern in die Augen. Aber das war nicht das einzige.

Nein, zu den Bandkeramikern. Auch das habe ich breit behandelt auf meinem Wissenschaftsblog: Die sind - wie so VIELE Völker - schlicht ausgestorben. Die Bandkeramiker sind ein Volk, das am Plattensee in Ungarn entstanden ist - sicherlich als Flaschenhals- und kleine Gründerpopulation - und das sich innerhalb weniger Jahrhunderte über ganz Europa von der Ukraine bis an die Kanalküste ausgebreitet hat. Unglaublich faszinierend. Grade in Gießen hab ich mich wochenlang in die archäologischen Forschungsarbeiten zu dieser grundlegenden Kultur eingearbeitet.

Aber sie sind ausgestorben. So wie auch die letzte Jäger-Sammler-Population rund um die Ostsee als ausgestorben angesehen werden muß.

WIR stammen genetisch größtenteils ab von der ersten Ackerbauernkultur, die sich nach der Ertebolle-Kultur rund um die Ostsee ausgebreitet hat, die Trichterbecherkultur, die später ihre großen Ganggräber (Megalithen) gebaut haben und Rinderwagen-Prozessionen abgehalten haben.

Übrigens sind die Bandkeramiker meines Erachtens auch genetisch nicht - wie ihre Haustiere und -Pflanzen "Import" aus Kleinasien, sondern am Plattensee hervorgegangen im wesentlichen aus einheimischen Vorgängerpopulationen. (Zu all dem siehe mein Blog.)

Bitte weiteres gerne über: ingo_34@yahoo.de

Anonym hat gesagt…

"Da das Gen auf dem X-Chromosom liegt, von dem Frauen zwei haben, betrifft die Korellation mit Impulsivität und Gewalttätigkeit fast nur Männer"
Wäre es möglich, diesen Satz einmal genauer zu kommentieren? Ist hier das MAOA 2R-Gen gemeint? Vielen Dank im Voraus!

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